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Exkursion nach Rasch und Gnadenberg

Sicherlich fragen sich viele, gerade an den kirchlichen Feiertagen, wie eigentlich der christliche Glaube zu uns gekommen ist. Dieser Frage sind wir, der VNL Bereich Kultur und Geschichte, im Rahmen einer Exkursion nachgegangen. Angeregt von der Tatsache, dass Mögeldorf und Laufamholz jeweils Pfingsten ihre Kirchweihen feiern, führte uns der Weg nach Rasch.

Unser erstes Ziel war die südöstlich von Nürnberg gelegene Michaelskirche in Rasch (Gemeinde Altdorf). Sie ist die Urkirche (Mutterkirche) für Mögeldorf, Altdorf, Feucht, Leinburg und Kornburg. Und die erste Glaubensstation Richtung südlicher Reichswald. Herr Pfarrer i. R. G. Böck, der durch seine langjährige Tätigkeit viel Wissen sammeln konnte, war so freundlich, uns zu führen.

Zunächst aber erst ein kurzer Überblick, wie der Glaube bei uns entstand: Der Grundstein dafür wurde in den ersten vier Jahrhunderten n. Chr. durch die Missionierung des Mittelmeerraumes gelegt. Im 4. Jahrhundert gab es bereits christliche Gemeinden in Bayern. In Franken wurde das Christentum sehr verbreitet, als ein König mit 3000 seiner Krieger zum Glauben übertrat. Den Mittelbayerischen Raum missionierten im Jahr 600 iro-gallische Mönche vom Kloster Weltenburg aus. Ebenso folgten u.a. Einflüsse aus Irland. Ein stabiles Pfarrnetz gab es aber erst im 8. Jahrhundert.

So viel zur Einführung, nun aber zurück zur Michaelskirche, die dem Erzengel Michael geweiht wurde. Als Vorläufer befand sich dort bereits im 8. Jahrhundert eine Feldkirche, in der Missionierung und Taufen abgehalten wurde. Im 11. / 12. Jahrhundert erfolgte dann der Bau der eigentlichen Kirche, aus Buntsandstein. Sie war damals als Wehrkirche gedacht, um der Bevölkerung in Kriegszeiten Schutz zu bieten. Die hohe Mauer wurde aber 1919 abgetragen, der Torturm mit Fallgitter 1884 abgebrochen.

Das Äußere der Kirche weißt mehrere Stile, aber auch Stilbrüche auf. Der 1. Stil sind unübersehbar die romanischen Rundbögen. Leider fehlen aber die Spitzgiebel ("Kirchenmäusle"), weil Schiffer damals billiger war. Der Kirchenturm wurde erst später aufgestockt und zeigt im oberen Bereich deshalb spätmittelalterliches Fachwerk (den sogenannten "toten Mann" mit überkreuzten Balken).

Im Mittelalter diente die Kirche für Wallfahrten, da eine spätgotische Madonna (eine bemalte Holzfigur aus dem 15. Jahrhundert) Wunder bewirken sollte. (1982 fand man bei Renovierungsarbeiten eine Nische in der Mitte der Chorrückwand, in der die Madonna offenbar stand.) Während der Reformation wurde es still um die Madonnenverehrung. In dieser Zeit war ein evangelischer Pfarrer Namens Prügel tätig. Sein Wirken bezeugt heute noch ein "sprechendes" Wappen, welches sich an der Außenmauer der Kirche befindet. (Da die meisten Bürger damals nicht lesen konnten, war es nötig, ihnen anhand von Bildern, Namen zu verdeutlichen.) Mit der Gegenreformation setzte allerdings das Interesse an der Madonna wieder ein. Man muss sich das so vorstellen, dass innen evangelische Gottesdienste abgehalten wurden und außen die katholischen Wallfahrer warteten. Deshalb verkaufte man die Madonna 1845 für 250 Gulden (für den Erwerb eines neuen Lutherbildes) an die katholische Gemeinde Berg. Nach einigem Hin und Her (so die Überlieferung), hat sie ihren Platz dort gefunden und wird heute noch verehrt.

Im Inneren der Kirche konnten wir verschiedene Stilepochen sehen. Besonderes Interesse gilt dem Altar, dem wertvollsten Stück in der Kirche. Er wurde 1861 zusammengestellt.
Die spätgotischen Altarflügel (Öl auf Holz) wurden in einer Nürnberger Werkstatt um 1480/90 gefertigt. Im offenen Zustand zeigen sie links die hl. Katharina (mit einem Schwert in der Hand), Barbara (mit Hostie und Kelch), sowie rechts die hl. Magdalena (die Jesu salben wollte) und Margarete (mit einem kleinen Drachen im Arm).
Zu den sogenannten "drei heiligen Madeln" kann man einiges sagen: alle drei sollten Karriere machen oder reich heiraten, entschieden sich aber für ihren Glauben. So wurde Katharina vom eigenen Vater enthauptet, weil er sich für die Christin schämte. Barbara starb den Märtyrertod. Margarete hält einen Drachen im Arm, als Zeichen für das Temperament, welches durch den Glauben gebändigt wurde. Hinten kann man noch die Anbetung der Weißen, den Tempelgang Marias (mit fränkischen Gesichtern, was auf eine Lehrlingsarbeit vor Ort schließen läst), sowie die Verkündigung und Ausgießung des hl. Geistes im Barock sehen.
In der Mitte befindet sich eine geschnitzte barocke Kreuzigungsszene, der auch Maria und Johannes beiwohnen. Darüber folgt die Auferstehung mit Jesus im gotisch-romanischem Stil mit Segenshand und Wundmalen. Der zugehörige Opferstock stammt aus dem 16. / 17. Jahrhundert.
Am linken Chorbogen sind drei "sprechende" Wappen Nürnberger Patrizier zu sehen. Nämlich die ehemaligen Bewohner des Herrenhauses (Pfarrhaus) Jörg Struppberger, seine Ehefrau Ursula, geborene Wippfeld und ihr zweiter Ehemann Reinhard Rech. Sie alle wurden in der Kirche beigesetzt. Der rechte Chorbogen zeigt ein Fresko mit der Szene des Kampfes des Erzengel Michael mit dem Drachen. Offenbarung 12 erzählt vom Sieg des Lichts über die Finsternis, also der Christen über die Heiden. Die Emporen wurden erst 1644 bzw. 1711 eingebaut und jedes Jahrhundert hat ihre Farbe (Ochsenblut) hinterlassen. Die Orgel stammt aus dem 18. Jahrhundert und hat ein barockes Gehäuse. Heute haben sich dort allerdings Siebenschläfer eingenistet.

Wir durften auch den Glockenturm besichtigen und wären beinahe Zeuge des 11-Uhr-Läutens ("Verleih uns Deinen Frieden") geworden. Das Läuten wird erzeugt durch 3 Glocken, deren Klang sich mischt. Die kleinste ist aus Bronze und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die größte, die Ave-Maria-Glocke, wurde 1610 von einem Nürnberger Glockengießer gefertigt. Die dritte stammt ebenfalls aus Nürnberg, aus dem Jahr 1790.

Nördlich neben der Kirche befindet sich die Schäferkapelle, die uns auch erklärt wurde. Sie stammt vermutlich aus dem 14. Jahrhundert, ausgehend von den gotischen Fenstern und dem Dachstuhl. Eine genaue zeitliche Überlieferung liegt leider nicht vor. Hier stellt sich bereits die Frage, ob die Urkirche vielleicht auf dem Platz der Schäferkapelle stand?
Der romanische Taufstein im sogenannten Nürnberger Rot, welcher bis 1711 in der Michaelskirche stand, deutet jedenfalls auf eine rege Missionierung in der Umgebung hin. (Leider wird er heute nicht mehr benutzt.) An den Wänden sieht man 7 Apostelkreuze (ursprünglich waren es 12 Stück), die durch die Kerzenhalter etwas verfälscht sind. Nach der Reformation wurde die Kapelle entweiht und dient seit 1952 als Leichenhaus.

Während der Sanierungsarbeiten 1988 machte man interessante Entdeckungen:
Im Boden lagen 14 Skelette einer Familie (eventuell Patrizier). Dies deutet darauf hin, dass die Kapelle auf einem früheren Friedhof erbaut wurde. (Die Skelette wurden nach Abschluss der Untersuchungen natürlich wieder begraben.) Ebenfalls vergraben waren Votivgaben (in Form von Tieren, einer Schwurhand u.ä.), Münzen aus dem 16./17. Jahrhundert und ein Hufeisen. Dies geschah, um Krankheiten abzuwenden. Zahlreiche der Votive waren in Tierform: Pferd, Esel, Rind aber auch Hunde und Schafe. Hierin sieht man die alte Überlieferung bestätigt, dass die Kapelle einheimischen Schäfern früher für Andachten diente. (Schäfer waren von der Bevölkerung damals ausgegrenzt, weil man ihnen Sodomie vorwarf und konnten deshalb keinen bürgerlichen Gottesdienst besuchen.)

Der zugehörige Friedhof wurde 1968 wegen Überfüllung und der sogenannten Leichenwachsbildung geschlossen.

Nicht weit von Rasch entfernt sehen wir von der Autobahn Nürnberg-Regensburg aus eine stattliche Kirchenruine.

Unser zweiter und letzter Halt war daher der Ort Gnadenberg mit der Ruine des ehemaligen Birgittenklosters, welcher sich auf dem Jakobusweg befindet. Mit diesem Kloster bestanden ebenfalls rege Beziehungen zu Nürnberg.

Frau Gerhart-Haas, Wirtin des Gasthofs "Zum Kloster", war so nett, uns zu führen. Bei dem Gasthaus handelt es sich um die ehemalige Klosterbrauerei, welche noch eine Klosterzelle beinhaltet, sowie den einzigen Felsenkeller im Ort. Dieser befindet sich 7 m unter der Erde und diente dem Kloster als Lebensmittellager, weil es in der Kirche dafür zu modrig war.

Zuerst möchte ich kurz auf die bemerkenswerte Pfarrpatronin Birgitta von Schweden eingehen. Sie war eine sehr gebildete und gläubige Frau und folgte ihren Zielen ohne Abweichung. Ihr Name bedeutet im Keltischen "die Erhabene". Sie war Ordensgründerin und Mystikerin. Um 1303 wurde sie in Finstadt bei Uppsala geboren und ihrer Mutter bei einer Vision der hl. Madonna als seliges Kind prophezeit. Ihre Eltern waren sehr wohlhabend. Ihr Vater war Chef der Verwaltung und Rechtssprechung, ihre Mutter starb als sie 11 Jahre alt war. Bereits mit 13 Jahren wurde sie mit Ulf Gudmarsson verheiratet und lebte in einer glücklichen Ehe, aus der 8 Kinder (vier Mädchen und vier Jungen) hervorgingen. Birgitta hatte seit ihrem 7. Lebensjahr Visionen, insgesamt 600 Stück. Wegen ihrer Vorhersagen (v.a. Krieg, Hungersnöte) wurde sie auch vom Schwedischen Königshof verbannt, wo sie seit 1335 als Hofmeisterin tätig war. 1342 unternahm sie mit ihrem Mann eine Wallfahrt nach Santiago di Composteta und spendete für Arme. Sie war der Ansicht, dass man das, was man nicht unbedingt braucht, mit Armen teilen sollte. Zwei Jahre danach stirbt ihr Mann und ihre Visionen wurden schlimmer. Sie sah sich darin als Braut Christi und bekam den Auftrag zur Gründung eines Birgittenklosters, um das Mönchswesen grundlegend zu reformieren. Deshalb wurde 1346 mit dem Bau eines Ordenshauses begonnen. 1349 reiste sie nach Rom, um vom Papst Anerkennung für ihr Kloster und ihre Regeln zu erlangen. Im Gegensatz zu anderen Klöstern, sollte hier ein Männer- und ein Frauenkloster entstehen, als Symbol der Urgemeinde, einen weiblichen Abt haben und strengen Bauvorschriften folgen.
Sie blieb eisern und 1370 wurde ihr Wunsch endlich durch Papst Urban V. gewährt. Leider starb sie nur einen Monat darauf. Ihre Tochter Katharina setzte aber ihre Ziele fort und wurde 1. Abt des Klosters, in welches ihre Mutter noch zu Lebzeiten ihr Gut umwandeln lies.

Dies nur als Vorgeschichte. Zurück nach Gandenberg, zum ersten Birgittenkloster Süddeutschlands und heute größten Klosterruine Deutschlands. Gegründet wurde das Kloster 1426 vom Pfalzgrafen Johann von Neumarkt (1410 - 1443) aus Liebe zu seiner Frau Prinzessin Katherina von Pommern. Sie wurde im schwedischen Birgittenkloster Wadstena erzogen und wollte selbst Nonne werden. Sie nahm ihrem Ehemann das Versprechen ab, in ihrer neuen Heimat ebenfalls ein Kloster nach den Regeln der hl. Birgitta zu errichten. Als passenden Ort wählte man den Eichenberg mit sieben Höfen zur Bewirtschaftung und benannte ihn in Gnadenberg um. Der Vorteil war die Nähe zur Reichsstadt Nürnberg, die damals im Überfluss lebte. Man erhoffte sich reichlich finanzielle Unterstützung, sowie Bewachung und Schutz. 1430 trafen die ersten Mönche aus Dänemark ein (vom Kloster Mariaboo), 1435 die ersten Schwestern. 1438 wurde das rein gotische Kloster eingeweiht.

Die dazugehörige Kirche wurde von 1438 - 1483 aus wetterfesten, braunroten Sandsteinen gebaut und hatte die Ausmaße 72 x 30 m. Überwiegend Nürnberger Baumeister und Handwerker arbeiteten daran. Für den Dachstuhl (bestehend aus dem Holz von 3000 Bäumen), soll sogar der berühmte Nürnberger Künstler Albrecht Dürer den Entwurf geliefert haben.

Das Kloster versorgte sich selbst mit Weinanbau, Brauerei und hatte Gärten, eine Mühle und einen Fischweiher. Dem Kloster ging es sehr gut. Vor allem reiche Kinder Nürnberger Patrizierfamilien und Kaufleuten wurden in das Kloster in Obhut gebracht, mitsamt ihrer Mitgift (Geld + Gut). Auch viele kleine Leute kauften sich in ein und schenkten ihr Vermögen und ihren Besitz dem Kloster.

Im Landshuter Erbfolgekrieg wurde das Kloster 1504 von Nürnberg erobert und erst 1521 wieder zurückgegeben. Dabei entstanden zahlreiche Schäden. 1577 wurde das Kloster aber wegen der Reformation aufgelöst und 1635 im 30 jährigen Krieg zerstört. Eigentlich schonten die Schweden das Kloster, weil die Ordensgründerin Schwedin und der Sohn des Klosterstifters Prinz Christoph sogar König von Schweden war. Allerdings löste sich bei den im Kloster verschanzten Gnadenbergern (unabsichtlich) ein Schuss, der einen Reiter der Nachhut traf. Deshalb zündeten die Schweden das Kloster an und zerstörten dabei das Mönchskloster und die Kirche. Was übrig blieb wurde als Steinbruch missbraucht. Erst 1655 errichtete man eine Notkirche, die heutige Pfaffkirche. Sie entstand aus dem ehemaligen Speisesaal des Nonnenklosters. Die notwendige Höhe erreichte man durch Entfernung der Zwischendecke und Benutzung des darüber gelegenen Schlafraumes.

In der Kirche, die gerade renoviert wurde, konnten wir verschiedene Kunststücke sehen. Einen barocken Altar, der als Bild die Vermählung Christi mit der schwarz gekleideten Birgitta zeigt, mit Maria als Gnadenvermittlerin und dem zugehörigen Altartisch mit einer Reliquie der hl. Honorata (aus Rom).
Daneben gibt es zwei Seitenaltäre. Auf der rechten Seite befindet sich das wertvollste Teil der Kirche, der Altar mit dem 14-Nothelfer-Relief aus dem 17. Jahrhundert, mit dem hl. Antonius (links) und dem hl. Franz von Assisi (rechts). Darüber befindet sich ein bürgerliches Stifterwappen. Auf der linken Seite ebenfalls ein Stück aus dem 17. Jahrhundert, der Marienaltar, welcher eher dem Laufer oder Hersbrucker Raum zugeordnet werden kann. An Figuren stehen links der hl. Josef und rechts Franz von Sales. An der linken Wand befinden sich zwei wunderschöne große Figuren, nämlich eine Herz-Jesu und eine Herz-Maria-Statue.

Trotz der Zerstörung kann man sich heute noch vorstellen, wie prachtvoll das Kloster einst gewesen sein muss.

Tanja Gebhardt

VNL Bereich Kultur und Geschichte